Durch Asylbewerber zur Weltmacht!

Was, wenn ich euch sage, dass das mächtige Weltreich Rom aus einem Haufen krimineller Asylanten hervorging, und dass die weltbeherrschende Stärke des Westens einzig auf der Einrichtung eines Asyls beruht?

Sicher, das stimmt vielleicht nicht ganz so, zumindest nicht nur, und ist wohl auch etwas plakativ formuliert, aber falsch ist die Aussage nicht. Lasst mich meine Argumentation Schritt für Schritt aufbauen und erst einmal für ein paar Fakten sorgen:

Einigen Strebern und Nerds (zu denen ich wohl gehöre) ist vielleicht der Geschichtsschreiber Livius und sein Werk „Ab Urbe Condita“ bekannt. Darin beschreibt er die Geschichte Roms ganz von Beginn an, unter anderem auch, wie die Stadt nach ihrer Gründung zu einer solchen Größe kommen konnte. Livius formuliert das folgendermaßen:

Deinde ne vana urbis magnitudo esset, adiciendae multitudinis causa vetere consilio condentium urbes, qui obscuram atque humilem conciendo ad se multitudinem natam e terra sibi prolem ementiebantur, locum qui nunc saeptus descendentibus inter duos lucos est asylum aperit. Eo ex finitimis populis turba omnis sine discrimine, liber an servus esset, avida novarum rerum perfugit, idque primum ad coeptam magnitudinem roboris fuit. (Ab Urbe Condita; 1,8)

Für alle Nicht-Nerds: Der Stadtgründer Romulus hat, um in seine nun so groß gebaute Stadt auch genügend Leute rein zu bekommen, einen Ort als Asyl geöffnet, an den Menschen aus den benachbarten Völkern, ganz egal welcher Herkunft und welchen Standes, flüchten konnten. Wichtig zu merken ist vor allem der letzte Teil des Zitats, denn der bedeutet so viel wie:

…und dies war der Kern für die begonnene Größe.

Fakt eins lautet also: Die Größe der Stadt Rom und daraus entstehend des dazugehörigen Imperiums, beruhte letztendlich darauf, ein Asyl für Flüchtlinge ohne jegliche Einschränkungen einzurichten. (Zumindest, wenn man Livius glauben mag, wobei er nicht der Einzige ist, der diese Erklärung liefert.)

Fakt zwei betrifft die Menschen, die Gebrauch von diesem großzügigen Asylrecht machten. Denn anders als heute, auch wenn gewisse Personen uns das in ihrer großen „Besorgtheit“ weismachen wollen, zog es damals wohl tatsächlich vor allem Kriminelle in die neu gegründete Stadt. Wobei wir hier auch die Definition von kriminell genauer betrachten müssen.

Sicher, es waren auch in ihren Herkunftsorten verurteilte und vogelfreie Mörder unter ihnen, aber einige begingen vielleicht auch nur einem ungerechten Rechtssystem zufolge Unrecht. Plutarch zum Beispiel betonte den Zufluchtscharakter von Romulus´Asyl und nennt als Zielgruppen auch Sklaven oder gesellschaftlich besonders Niedriggestellte. Dionysios von Halikarnaß behauptete sogar:

„Durch das Asyl habe Romulus einen Zufluchtsort für Menschen schaffen wollen, die von intoleranten, tyrannischen und oligarchischen Regimen,[…], verbannt worden seien.“                                                                     (Leitbild Wissenschaft?, Jürgen Dummer und Meinolf Vielberg (Hg.), Franz Steiner Verlag, S. 47)

Betrachtet man diese Beschreibung, so stellt man fest, dass sich die Situationen damals und heute womöglich sehr ähnlich sind. Fakt ist: Wir kennen die Beweggründe dieser Menschen aus der Antike nicht, und wenn wir ehrlich sind, in unserem behaglichen Zuhause können wir sie auch heute nicht ernsthaft nachempfinden.Doch all diese Menschen haben gemeinsam, dass sie etwas suchten und suchen, nämlich Asyl.

Zum besseren Verständnis dieser Tatsache, ein weiterer Fakt: Die Bedeutung, der Wortursprung des Begriffs.  Asyl bedeutet so viel wie Zufluchtsort (für Verfolgte), Heim (für Obdachlose). Das Wort enstammt dem griechischen asylon: „Ort der Sicherheit“ oder auch asylos: „unverletzt, unberaubt, unverletzlich, sicher“. Ein solcher Ort mit diesen Eigenschaften ist den Betroffenen in ihrer Heimat nicht gegeben.

Wer nun solche Bedingungen aufzuweisen hat, ist dazu verpflichtet, sie denen zur Verfügung zu stellen, die sich verzweifelt danach sehnen. Und zwar auf eine solche Art und Weise, dass der Name auch seiner Bedeutung gerecht wird.

Das war jetzt ein kleiner Schwenk ein wenig weg vom Thema in eine appellierende Richtung. Ein Appell, der mir persönlich sehr am Herzen liegt.

Nun aber zurück zur eigentlichen Argumentation: Wir wissen also bis jetzt, dass, welche und warum Menschen nach Rom kamen und der Stadt zu ihrer beeindruckenden Größe verhalfen. Zumindest mehr oder weniger. Wichtig für die heutige Geschichte ist aber natürlich was daraus folgte.

In Rom begann alles: Das Weltreich mit seinem unersättlichen Imperialismus, der auch nach dem Untergang des Reiches noch bis in die Neuzeit in der Mentalität der Europäer erhalten blieb, der sogar nach der Zeit der Kolonialisierung auf seine ganz eigene Weise von DER Supermacht des Westens, den USA, bis heute aufrecht erhalten wird. Dort liegt der Ursprung des mächtigen Westens. Wir im „guten, unantastbaren, ach so bedrohten“ Westen sind also Nachfahren eines Reichs, das aus Asylanten hervorging. Letzter Fakt!

Ich weiß, dass das zu pauschalisierend ist, dass die Argumentation an einigen Stellen hinkt, aber das soll auch kein wissenschaftlicher Bericht sein. Vielmehr will ich Denkanstöße geben, aufklären. Denn Fakt ist auch, dass man Stumpfsinn und Ignoranz nur mit Wissen und Verstand bekämpfen kann.